Gutscheinschlacht der Lieferdienste: darum machen wir nicht mit!

Marcus Berg
7 min readOct 27, 2018

STADTSALAT steht für Transparenz. Das gilt für unser Essen, und eben auch für uns als Unternehmen. Deshalb möchte ich Euch heute wieder einen kleinen Einblick hinter die Kulissen von STADTSALAT geben. Genauer: Ich will euch erzählen, warum wir auf Gutschein- und Preisschlachten verzichten.

Typische Rabattaktion von Pizza.de. 30% + 3 EUR.

Die meisten Lieferdienste oder Kochboxen übertrumpfen gegenseitig mit Rabattaktionen. Hier mal 30 % off, da ein Welcome-Rabatt und das bei den oftmals ohnehin schon recht dünnen Margen. Wir machen da nicht mit. Oder besser gesagt: Wir machen das nur ganz selten und dann auf unsere Art. Und das hat gute Gründe. Ich bin sogar davon überzeugt, dass der Erfolg von STADTSALAT auch damit zusammenhängt, dass wir so gut wie keine Gutscheinaktionen machen. Aber mal der Reihe nach.

STADTSALAT steht für beste Qualität — und nicht für den günstigsten Preis

Unser wichtigstes Differenzierungsmerkmal war schon immer die Qualität und nicht der Preis. Die Salate und Bowls von STADTSALAT sind nicht billig. Das können sie auch nicht sein. Wir verwenden frische Zutaten — größtenteils in Bio-Qualität — und zahlen unseren Mitarbeitern vernünftige Gehälter. Qualität hat ihren Preis — und von Beginn an war unser Ziel, in unserem Markt der absolute Qualitätsführer zu sein. Und nicht, uns als Billiglieferant einen Namen zu machen. Schlechte Salate gibt es schließlich schon genug.

Wir haben STADTSALAT also als vertikal integrierte Marke aufgebaut. Das hilft uns, einen ausgezeichneten Service und hervorragendes Essen zu liefern.

Our Mission.
Our Vision. Our Belief.

Bis heute stehen wir hinter dieser strategischen Entscheidung, voll auf Qualität zu setzen. Und uns ist extrem wichtig, dass wir von diesem hohen Anspruch niemals abrücken. Nicht nur, weil Tom und ich aus tiefsten Herzen davon überzeugt sind, dass Essen aus frischen Zutaten die perfekte Basis für Geschmack und Gesundheit ist, sondern auch, weil es für das STADTSALAT als Unternehmen, die einzig richtige Entscheidung ist. Ich muss in dem Zusammenhang oft an meine Zeit an der Uni zurückdenken. Einer meiner Professoren war totaler Fan von Michael Porter und seinen Generic Strategies. Eine Sache ist hängen geblieben: Wenn du eine Company baust, dann sei entweder Kostenführer oder Qualitätsführer. Bist du keines von beiden, dann wird es verdammt schwer, Gewinne zu erwirtschaften.

„The firm stuck in the middle is almost guaranteed low profitability…“

Gutscheinaktionen können Lieferdienste in den Ruin treiben

Im gesamten Food-Delivery-Markt versuchen meiner Meinung nach aktuell viel zu viele Unternehmen, sich mit einer aggressiven Preis- und Gutscheinstrategie zu differenzieren. Das mag für einige große Player und Plattformen mit nahezu identischem Angebot vielleicht auf sehr lange Sicht funktionieren. Und richtig teuer wird das Ganze, wenn Du als Unternehmen dabei nicht der Kostenführer bist. Für Qualitätsführer, also für Unternehmen wie STADTSALAT, ist so eine aggressive Preis- und Gutscheinstrategie Gott sei Dank überhaupt nicht nötig. Ganz im Gegenteil: Sie wäre sogar schädlich für uns.

Hier meine Top-5-Gründe, warum pauschale Gutscheinaktionen für mich der absolute Horror sind:

1. Die Wahrnehmung der Produktqualität leidet

Was nichts kostet, ist auch nichts wert. Je mehr Gutscheine ein Unternehmen nutzt, und je aggressiver die Firma die Gutscheine (bzw. Preis als Differenzierungsmerkmal) vermarktet, desto größer ist der Schaden hinsichtlich der Wahrnehmung als Qualitätsmarke.

2. Der Fokus wird zu sehr auf den Preis gelenkt

Gutscheinaktionen lenken in der Regel das Augenmerk auf den Preis und nicht auf die Qualität eines Produktes. Das kann fatale Folgen fürs Image haben.

3. Der Kunde wird darauf getrimmt, nur noch günstig zu kaufen

Auf diversen Plattformen und in Foren wird darüber diskutiert, wie man vorgehen sollte, um Gutscheine möglichst effizient zu nutzen. Der Kunde beschäftigt sich mehr damit, ein paar Euro zu sparen, als mit den Produkten und dem Service an sich.

Anleitung zum Gutscheinkauf.

Ein weiteres Beispiel: Meine Frau bestellt gerne Sportkleidung im Online-Shop von Nike. Sie weiß genau, dass sie spätestens alle drei Monate einen Gutscheincode erhält, mit dem sie 20–30 Prozent Rabatt bekommt. Was macht sie also? Richtig: Sie wartet mit ihrer nächsten Bestellung immer auf den nächsten Code. So funktioniert der Mensch nun mal.

4. Gutscheinkunden sind unprofitabler

Gutscheinkunden sind deutlich weniger profitabel als andere Kunden. Wir haben das auch mal verifiziert. Dafür haben wir zwei Gruppen mit Facebook Ads und einem Budget von 5.000 Euro gegeneinander getestet:

  • Gruppe Q wie „Qualität“ hat eine Anzeige gesehen, in der wir die Qualität unserer Produkte in den Vordergrund gestellt haben.
  • Gruppe G wie „Gutschein“ wurde eine Anzeige ausgespielt, die mit einem 5-Euro-Gutschein bei der ersten Bestellung warb.

Folgende Ergebnisse konnten wir messen:

  • Gutscheine wirken grundsätzlich schon: Gruppe G (340 Neukunden) war 63 % größer als Gruppe Q (208 Neukunden)
  • Aber Gutscheinkunden sind weniger loyal: Die Anzahl der Bestellungen pro Neukunde (innerhalb der ersten 12 Monate) lag bei Gruppe Q im Schnitt bei 4,9 und bei Gruppe G bei 3,7.
  • Qualitätskunden haben um 29 % größere Warenkörbe und einen um 52 % höheren Deckungsbeitrag: Der Durchschnittswarenkorb lag bei Gruppe G bei 21,30 Euro, bei Gruppe Q bei 27,40 Euro. Gerade für ein Liefergeschäft ist dieser Wert extrem wichtig, da wir Fixkosten für jede Lieferung haben. Der Deckungsbeitrag pro Bestellung lag bei Gruppe Q bei 10,50 Euro, bei Gruppe G bei 6,90 Euro.
Vergleich von Gutscheinkunden vs. Qualitätskunden.

Unser Learning: Die Profitabilität von Neukunden, die wir mit einem 5-Euro-Gutscheincode für uns gewinnen konnten, ist fast nur halb so hoch wie die Profitabilität von Neukunden, die wir über das Argument Qualität für uns gewannen. Das hat uns natürlich gefreut und bestätigt uns auf unserem Weg.

5. Gutscheinkunden empfehlen deutlich seltener weiter

Je häufiger ein Kunde bei uns bestellt, desto wahrscheinlicher ist es, dass er andere davon überzeugt, auch bei uns zu bestellen. Allerdings: Neukunden, die das erste Mal mit Gutschein bei uns bestellt haben, neigen eher dazu, andere Leute vor allem mit Gutschein von uns zu überzeugen.

Für mich sind das überzeugende Argumente gegen aggressive Rabattaktionen. Da stellt sich natürlich die Frage, warum überhaupt so viele Unternehmen bei der Gutscheinschlacht mitmachen. Ich sage es Euch:

Viele Investoren wollen vor allem eins: Umsatzwachstum

Um ein Unternehmen schnell wachsen zu lassen, braucht man vor allem eins: Geld. Viel Geld. Um Investoren in der Frühphase vom Unternehmen zu begeistern, müssen die Gründer den Product-Market-Fit beweisen und eine ordentliche Umsatzentwicklung zeigen. Gerade zu Beginn, wenn man noch nicht weiß, welche Marketingbotschaften funktionieren, und welche nicht, ist es oft deutlich einfacher, Gutscheine herauszugeben. Ein Spiel mit dem Feuer. Versteht mich nicht falsch: Ich finde es auch sehr wichtig, einen ordentlichen Wachstumstrack zu zeigen. Doch gleichzeitig ist es entscheidend, dass man sehr früh anfängt, Kunden unter realen und langfristig wirtschaftlich sinnvollen Bedingungen für das Produkt und den Service zu begeistern. Denn nur so erfährt man letztlich wirklich, ob die Kunden ernsthaft bereit sind, das Produkt für einen fairen (und nicht subventionierten) Preis zu kaufen.

Interessant ist auch, dass viele Unternehmen wie Rocket Internet oder Delivery Hero Bruttoumsätze in ihren Gewinn- und Verlustrechnungen ausweisen und/oder strategische KPIs wie GMV (Gross Merchandise Value) oder GOV (Gross Order Value) definieren. So werden zwar Umsätze und Wachstumskurven schön gerechnet, werthaltig ist das jedoch nur selten.

… einmal angefangen, ist es schwer, wieder mit Gutscheinaktionen aufzuhören

Wenn man einmal damit begonnen hat, das Wachstum vor allem auf Gutscheinen aufzubauen, ist es schwer, wieder loszulassen. In dem Moment, in dem man keine Gutscheine mehr rausgibt, geht der Umsatz erst einmal zurück. Gerade für VC-funded Start-ups ist das oft ein undenkbares Szenario.

… die Alternativen zu Gutscheinen sind oft schwerer zu identifizieren, wirken häufig erst langfristiger und sind nicht so leicht zu kommunizieren

Es vergeht kaum ein Tag, an dem wir nicht daran feilen, STADTSALAT noch trennschärfer zu gestalten und unsere Idee von Qualität und unseren Anspruch an eben diese noch klarer für uns und für andere zu machen. Das kostet unheimlich viel Zeit und ist sehr mühselig. Markenwerte sind eben nur teilweise greifbar, oft vor allem nur erlebbar oder ein Gefühl beim Kunden. Mit Gutscheinen fährt man deutlich leichter: Preise und Rabatte sind sehr einfach zu verstehen. Auch deshalb tappen viele Unternehmen in die Gutscheinfalle.

Nutzt STADTSALAT also gar keine Gutscheine? Doch, tun wir. Aber nur für ganz klar definierte Zwecke.

Möglichkeit 1: Einen Gutschein gibt es, wenn der Kunde etwas für uns tut

Gutscheinaktion von STADTSALAT.

Beispiel: Wir rufen unsere Kunden auf, ein Foto von ihrer Bestellung zu machen und es mit dem Hashtag #stadtsalat auf Instagram zu posten. Als Dank erhalten sie einen 5–Euro-Gutschein.

Möglichkeit 2: Wir nutzen Gutscheine als Loyalty Incentive

Dabei halten wir uns immer an folgende Regeln:

  1. Gutscheine sind nur für einen kurzen Zeitraum gültig
  2. Gutscheinaktionen wiederholen sich nur sehr selten (nicht häufiger als 2x pro Jahr)
  3. Wir segmentieren stark und schicken Gutscheine nur an eine definierte Teilmenge unserer Kunden
  4. Wir nutzen Gutscheine nie zur direkten Neukundenakquise

Unser Fazit: Für STADTSALAT sind Gutscheine, in Maßen eingesetzt, ein schönes Instrument zur Kundenbindung und können ein gutes Incentive sein, um die Empfehlungsrate zu steigern. Zur direkten Neukundengewinnung taugen Gutscheine unserer Meinung und Erfahrung nach jedoch nichts. Da überzeugen wir lieber weiterhin mit Qualität — nämlich den leckersten Salaten und Bowls, die Du seit langem gegessen hast.

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Marcus Berg

CEO STADTSALAT — biggest virtual salad bar chain in Germany.